Vom Auto zum Mobilen Zuhause

Das passende Fahrzeug


Dass es ein Land Cruiser sein muss, war von Anfang an klar. Lukas hat seine halbe Kindheit in verschiedenen Land Cruisern verbracht und mit seinen Eltern den Norden Afrikas bereist. Und es war eigentlich auch klar, dass wir noch ein bisschen warten wollten mit dem Kauf. Eigentlich...  Aber diesem Angebot konnte man unmöglich widerstehen. Einen HDJ 80 (das beste Modell überhaupt!) in diesem Zustand findet man nicht so schnell wieder. Im November 2013 stand also fest: Den kaufen wir uns!

Während der Wintermonate haben wir in mühsamster Arbeit mit dem Föhn die ganze Klebefolie entfernt und alles sorgfältig vermessen. Ende März war es dann endlich so weit: Wir konnten unseren nun rabenschwarzen HDJ 80 abholen und in unsere Garage stellen. Wow! Ein tolles Gefühl dieses Auto zu fahren. Dass man von sämtlichen anderen Verkehrsteilnehmern angestarrt wird, ist noch ein bisschen gewöhnungsbedürftig :)

Idee und Planung


Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, das Auto selbst auszubauen und reisefertig zu machen. Die Idee ist, nebst Bodenplatte und Wassertank, ein Schubladensystem und darüber eine Liegefläche zu konstruieren. Wir haben getüftelt und geplant, wieder umgeplant und getüftelt. Viel Inspiration fanden wir im Internet und bei neuen Freunden. Schnell fanden wir in der Region nämlich weitere Reisebegeisterte mit 80ern. So entwickelten sich unsere Idee und unsere Pläne immer weiter.

 

Irgendwann mussten wir uns entscheiden. Auf dem Reissbrett haben wir uns das etwa so gedacht (gezeichnet mit Google Gratisprogramm SketchUp): 

Jetzt kann's losgehen. Einige Kleinigkeiten haben wir nach Feierabend und an freien Wochenenden erledigen können. Nach einem Grosseinkauf - besser gesagt nach mehreren - investierten wir dann unsere Frühlingsferien, um einen Grossteil des Ausbaus machen zu können. Danke, Grossvater, für die Infrastruktur!

Bodenplatte und Bettgestell


Als Basis dient uns eine Siebdruckplatte 18mm, auf die wir alles weitere aufbauen, d.h. unsere beiden Schubladen und die Liegefläche darüber. Zudem soll es hinter den Fahrersitzen noch Platz für einen Kühlschrank und RAKO-Kisten haben.

Begonnen haben wir mit der Bodenplatte. Als erstes wurden die Aussparungen für die Radkästen, den Deckel für den Wassertank und die Wartungsklappe der Dieselpumpe ausgeschnitten.

Um später alles auf der Bodenplatte befestigen zu können, waren viele Einschlagmuttern nötig, welche natürlich auf den Millimeter genau platziert werden mussten. Keine einfache Aufgabe. Einfacher als gedacht gestaltete sich dafür die Nivellierung des Autobodens. Der ist nämlich übersät von ungleich hohen Rillen und ist nach vorne hin abfallend. Mit dem Wassertank im Fussraum und ein paar sauber platzierten Latten liess sich dieses Problem aber gut beheben.

Die Platte wird später mit vorne 4 M10 Schrauben in die Originalgewinde der Rücksitze und hinten mit 2 M8 Schrauben und 4mm Alu-Gegenplatte und Stoppmutter durch den Wagenboden verschraubt.

Im Fussraum der hinteren Passagiere haben wir einen Kunststofftank installiert, der genau in diese Aussparung passt. Wir wollen den Tank mit einer Druckwasserpumpe anschliessen. Zur Not kann auf der einen Seite das Wasser auch über einen Kugelhahn abgelassen werden. Die Gewinde wurden mit Teflonband umwickelt.

 

Fürs Bettgestell haben wir uns für die ITEM Aluprofile Baureihe 5 entschieden. Dies sind 4-Kant Aluprofile 20x20mm die auf jeder Seite eine Nut aufweisen. In diese Nut kann ein Nutenstein eingefahren werden (eine Art Schiffchen mit Gewinde drin) und daran kann man diverse Sachen befestigen und auch mithilfe von Verbindern die Profile untereinander formschlüssig verbinden. Sämtliche Schrauben im ganzen Projekt haben wir je nach Möglichkeit mit Loctite mittelfest (in "Pritt-Leimstift-Form" sehr empfehlenswert) oder Stoppmuttern gesichert.

Schubladenschienen und Schubladen


Unsere Konstruktion sieht im Heck des Fahrzeuges zwei Schubladen vor, von ca. 1.2m Länge. Als Schubladenschienen werden Schwerlastauszüge verwendet, die ein Gewicht von bis zu 160kg aushalten, das sollte für unsere Anwendung mehr als genügen. Diese Schienen werden an Aluwinkel angeschraubt, welche wiederum mit der Bodenplatte verschraubt werden. Als Winkel haben wir 4mm Aluwinkel 70x90mm verwendet.

Dann kommt der Teil, vor dem wir viel Respekt hatten, das Bohren der Löcher für die Positionierung der Schubladenschiene am Winkel. Hier musste extrem präzise gearbeitet werden, alle Löcher müssen auf einer horizontalen Linie liegen, damit alles gerade ist am Ende. Um die Winkel auf der Bodenplatte zu befestigen, haben wir Löcher durch Winkel und Holz gebohrt und angesenkt.

Somit war die Arbeit an der Bodenplatte abgeschlossen. Dann ging's an die Schubladen. Die fertigen wir aus 15mm Birkenholz, welches wir vom Schreiner zuschneiden liessen. Hier gestaltete sich die Anprobe ein wenig knifflig. Wir mussten die Seitenwände je nach dem ein wenig nach innen oder aussen versetzt anbringen, da es sonst zu eng gewesen wäre und sich die Schublade nicht mehr in der Schiene bewegen liesse. Somit beschlossen wir, im Zweifelsfall eher zu viel Platz zu lassen, zur Not können wir immer noch mit Unterlagsscheiben korrigieren.

Zur Verstärkung brachten wir entlang der Seitenwand, wo die Schubladenschiene aufliegt, ein 1.5mm Alublech an. Dieses montierten wir in die entsprechende Nut hinein, so dass es nicht aufträgt. Wir erhoffen uns davon auch, dass sich ein Teil des Gewichts später auf diesem Alu verteilt und nicht alles an den Schrauben hängt und diese ausreissen. Natürlich mussten auch an den Schubladenseitenwänden noch Löcher gebohrt werden für die Befestigung an die Schubladenschiene. Die Schrauben sind alle M6 und werden mit den entsprechenden Einschlagmuttern verschraubt. Als Verschluss entschieden wir uns für einen Southco C5 Kompressionsverschluss, dieser trägt nach vorne nicht auf und lässt sich unter einstellbarer Vorspannung verriegeln und einfach per Fingerdruck aufschnappen. Dann noch ein Griff aus Spanset-Resten und fertig sind die beiden Schubladen.

Pro Schublade gibt es zwei bis drei fixe Trennwände, auch um die Stabilität zu erhöhen und den Boden ein wenig zu stützen. Für den Rest werden wir mit Behältern aus dem Baumarkt für Ordnung sorgen. Die Idee ist, dass die eine Schublade die Küche und die andere Kleider und Badezimmer aufnimmt.

Wasserpumpe und  Elektrisch


Um das Wasser aus dem Tank zu bekommen, wollen wir eine Druckwasserpumpe installieren. Diese merkt automatisch, wenn der Druck in der Leitung abfällt (also ein Hahn geöffnet wird) und fördert Wasser. Unser Modell ist eine Shurflo Trailking 7. Hinter den Seitenverkleidung gibt es nebst unliebsamen Überraschungen in der Form von Rost auch jede Menge ungenutzten Platz. Der ideale Ort für unsere Pumpe.

Die Pumpe haben wir auf ein 4mm Alublech geschraubt. Das Blech haben wir dann mit 5 Schrauben in bereits vorhandene Löcher der Karosserie geschraubt. Zwischen Blech und Karosserie haben wir noch ein Stück Fahrradschlauch unterlegt, um die Vibrationen ein wenig zu dämmen.

Der Schlauch und die Kabel verlaufen ebenfalls blickgeschützt hinter der Verkleidung. Der Clou dieser ganzen Installation ist es, dass in der Seitenverkleidung vorhandene Fach als Wartungsöffnung zu nutzen. Dazu haben wir die Plastiknieten des Fachs aufgebohrt und dieses entfernt. Nun passt der Deckel immer noch, aber dahinter verbirgt sich nun die Pumpe! Durch die Öffnung hat man Zugang zum Filter und kann diesen gegebenenfalls wechseln. Auch können eventuelle Lecks oder lose Schrauben so frühzeitig erkannt werden. Im hinteren Teil der Abdeckung befindet sich der Ein/Aus-Schalter für die Pumpe und der Wasserhahn.

Wir haben uns entschieden, unsere Verbraucher über eine dritte Batterie, welche mittels IBS-Batterietrennsystem gesteuert wird, zu betreiben. Zu den Verbrauchern zählen Kühlschrank, Wasserpumpe, zwei LED-Lampen und diverse Steckdosen (USB und KFZ).

Die Batterie platzieren wir im Fahrzeugheck. Dazu musste die Halterung des Wagenhebers demontiert werden. Dann wurde eine Halterung bestehend aus einem Stück Siebdruckplatte gefertigt und über die vorhandenen Löcher im Fahrzeugboden verschraubt. Als Gegenstück dient eine massive 4mm Aluplatte mit Stoppmuttern. Der Sicherungskasten findet seinen Platz in der Halterung des Pannendreiecks. So lassen sich die Kabel schön versteckt hinter den Abdeckungen durchführen. Alle Kabel wurden in einen Wellschlauch eingeführt (mühsame Arbeit!) und verlegt. Um auch im Dunkeln den Inhalt unserer Schubladen sehen zu können, haben wir eine lange Stab-LED-Lampe in der Heckklappe montiert. Mit Spezialklebeband haben wir sie an der Heckscheibe befestigt. Die Kabel für die Steckdosen konnten wir gänzlich in der Seitenverkleidung und dem Teppich bis unter den Fahrersitz ziehen. Nach dem Umbau der Mittelkonsole finden die Steckdosen dann dort ihren Platz.

Kühlbox und Stauraum


Im vorderen Teil unseres Ausbaus, also nach den Schubladen, wollen wir den Stauraum etwas flexibel gestalten. Das einzige Teil, welches fix montiert ist, ist der Kühlschrank. Da wir wegen der Liegefläche in der Höhe auf 30cm limitiert sind, war es schwierig, ein passendes Gerät zu finden. Nach langer Suche haben wir uns für eine Kühlschublade entschieden. Dabei handelt es sich um eine Kompressorkühlbox von WAECO und zwar das Modell Coolmatic CD 30.

Da wir aufgrund der Türe die Schublade aber nicht aufmachen können, haben wir sie kurzerhand demontiert. Jetzt haben wir ein Kühlfach mit abnehmbarem Deckel. Auf der anderen Seite werden wir je nach Platzbedarf mit RAKO-Kisten arbeiten oder auch mal Platz für eine Tasche oder Einkäufe lassen. Die Kühlbox wird mit den mitgelieferten Winkeln auf die Bodenplatte geschraubt. Damit die RAKOs nicht davonfliegen, montieren wir M8 Ringschrauben in die Bodenplatte und befestigen die Kisten dann mit Spansets. Bei der Anprobe haben wir gemerkt, dass wir durch die serienmässige Türverkleidung ziemlich viel Platz in der Breite verlieren. Deshalb sahen wir uns gezwungen diese durch eine Eigenbau-Lösung zu ersetzen. 

Der finale Einbau


Endlich, nach vielen Arbeitsstunden ist er da, der langersehnte Moment des finalen Einbaus! 


Als erstes schraubten wir den Kühlschrank fest, weil wir nachher nicht mehr gut an diese Schrauben gelangen. Der Kühlschrank wurde zusätzlich noch auf kleine Filzplättchen gestellt, einerseits um ein bisschen zu dämpfen und andererseits um zu verhindern, dass das gesamte Gewicht an den Befestigungswinkeln hängt. Danach ging‘s weiter mit den Winkeln, welche die Schubladenschienen halten. Wir haben diese mit etlichen M6 Schrauben in die Einschlagmuttern versenkt und mit Loctite gesichert. Gleichzeitig haben wir das Gestell, das die Liegefläche stützt, platziert. Dieses haben wir ebenfalls mittels Schrauben und Einschlagmutter festgeschraubt. Vorher hatten wir an diesem Gestell noch die Seitenwände angebracht. Diese bestehen aus einer schwarzen PE-HD Platte und schützen so die Schubladen vor Staub.

Nach dem diese beiden Sachen montiert waren, kam nun der grosse Moment der Wahrheit – die Schubladen! Wir zogen die Schubladenschienen voll aus und legten die Schublade hinein und schraubten sie dann von hinten nach vorne fest. Der Verschluss passte auch fast auf Anhieb und brauchte nur eine kleine Anpassung. Wir waren sehr zufrieden damit, wie sich die Schubladen ausziehen liessen, nämlich sehr gleichmässig und ohne grossen Kraftaufwand.

Nun fehlte noch der „Deckel“, die Liegefläche. Diese schraubten wir mit M4 Schrauben in die Nutensteine in den Profilen. Wir mussten etwa drei Versuche unternehmen, da die Nutensteine manchmal nicht genau unter dem Loch lagen und wir sie wieder verschieben mussten. Das war etwas knifflig, aber mit etwas Geduld (die schon ein bisschen knapp wurde, man wollte ja schliesslich fertig werden  ) klappte es dann.

Die Liegefläche besteht aus der grossen Platte (1.20m, deckt Schubladen ab) und den flexiblen Teil, bestehend aus 3 klappbaren Teilen (3x23cm). Diese lassen sich genau vor die halbierte Matratze klappen und sind mit einem Band fixiert, genau wie die Matratze.

Bei der Matratze haben wir uns für eine 3-lagige Massanfertigung entschieden, welche zwar ein bisschen dicker ist (12cm), sich aber im Schlafkomfort kaum vom heimischen Bettchen unterscheidet.

Mittelkonsole und zusätzliche Steckdosen


Rechtzeitig vor unserer Testreise konnten wir unsere Mittelkonsole fertig stellen. Die Originale bot uns zu wenig Stauraum, vor allem für Trinkflaschen gab es keine Möglichkeit. So beschlossen wir unsere eigene Mittelkonsole zu bauen und haben dabei gleich noch zwei USB-Ladedosen und eine 12V Powersteckdose verbaut. Die Kabel dafür hatten wir ja bereits im Vorfeld verlegt. Da wir mittlerweile recht geübt sind im Umgang mit Stichsäge und Bohrer ging es recht zügig voran.